Buchbesprechung: Eine Welt ohne E-Mail

Bei der jüngeren Generation scheinen E-Mails schon wieder out zu sein. Den Berufsalltag prägen sie aber enorm. Cal Newport schreibt, was wir dabei beachten sollten.

Technischer Wandel ist nicht additiv, er ist evolutionär … Ein neues Medium fügt nichts hinzu, es verändert alles. Als im Jahr 1500 das Drucken erfunden wurde, gab es nicht das alte Europa plus einer Druckerpresse: Es war ein anderes Europa.

Cal Newport

Diese These stammt ursprünglich von Neil Postman, allerdings aus einer Zeit (1998) in der E-Mails noch nicht sonderlich verbreitet waren. Bei der jüngeren Generation hat man heute den Eindruck, E-Mails seien schon wieder out. Im Berufsalltag ist das allerdings nicht der Fall. Und hier werden E-Mails vermutlich auch noch längere Zeit den Alltag prägen.

Cal Newport schrieb neues Buch Eine Welt ohne E-Mail gerade zu diesem Thema. Newport ist Informatik-Professor und Buchautor. Ich habe schon mehrere Bücher von ihm hier vorgestellt (insbesondere Digitaler Minimalismus und Der Block-Dir-Zeit-Planer).

Zur Kernaussage

Der ursprüngliche Sinn von E-Mails lag darin, dass persönliche Nachrichten schneller zugestellt werden konnten. Das klingt nur positiv. Mit der Einführung von E-Mails entstand allerdings auch das, was Newport das hyperaktive Schwarmdenken nennt.

Das hyperaktive Schwarmdenken

Ein Arbeitsablauf, bei dem eine fortwährende Konversation im Zentrum steht, die von unstrukturierten und ungeplanten Mitteilungen angetrieben wird – übermittelt von digitalen Kommunikationsmedien wie E-Mail und Messanger-Diensten.

Cal Newport

Kommunikation wird dadurch nicht nur schneller, sondern auch komplizierter und damit ineffektiver.

Zum Aufbau

Das Buch ist in zwei Teile eingeteilt. Teil I beschreibt das Problem. Gestützt von zahlreichen Studien zeigt Newport, warum wir uns so schwer tun, effektiv mit E-Mails zu arbeiten. E-Mails senken die Produktivität, sie machen uns unglücklich und sie haben ihren eigenen Kopf.

In Teil II nennt Newport vier Prinzipien, die dabei helfen, in der E-Mail-Flut nicht unterzugehen. (1) Das Prinzip der Aufmerksamkeitsökonomie: wir brauchen klare Abläufe im Arbeitsalltag. Wer sich von einem ständig geöffneten E-Mail-Postfach steuern lässt, wird nicht effektiv arbeiten können. (2) Das Prozessprinzip: Verantwortlichkeiten sollten klar verteilt sein. Dann wird auch die Kommunikation effektiver. (3) Das Protokollprinzip: Regelwerke klingen umständlich und langweilig. Aber wenn es klare Regeln für Sprechzeiten Kommunikation, den Umgang mit Kunden usw. gibt, wird vieles einfacher. (4) Das Spezialisierungsprinzip: es sollte mehr auf die Qualität statt auf die Quantität der Arbeit geschaut werden.

Zum Mitnehmen

Cal Newport zeigt nicht nur die Probleme der E-Mail-Flut auf, er zeigt auch praktische Lösungsansätze. Schlussendlich wird jeder davon profitieren, der beruflich viel mit E-Mails arbeitet. Es gibt zahlreiche Tipps für gute Arbeitsstrukturen.

Mein erster persönlicher Schritt war der, dass ich das E-Mail-Programm meines Smartphones auf die letzte Seite des Bildschirms verbannt habe (Push-Nachrichten sind schon lange ausgeschaltet). Ich habe es noch nicht ganz übers Herz gebracht, es zu löschen. Tatsächlich habe ich es letzte Woche aber nur einmal genutzt – als ich auf das Testergebnis eines Corona-Test vorm IKEA-Shopping gewartet habe. Ansonsten ist gerade zu Hause manches entspannter, da ich seltener aufs Handy schaue. Damit es auch am Computer entspannter wird, hat Newport zahlreiche Tipps parat.

Ich danke dem Redline Verlag für die Zusendung eines kostenlosen Rezensionsexemplars. Meine Bewertung hat das nicht beeinflusst. Das Buch kann man auch direkt über den Verlag bestellen.

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