Werde weise!

Die biblische Weisheitsliteratur fällt irgendwie aus dem Raster, wenn man das Alte Testament betrachtet. Und trotzdem hat sie uns unglaublich viel zu sagen.

Die biblische Weisheitsliteratur fällt irgendwie aus dem Raster, wenn man das Alte Testament betrachtet. Und trotzdem hat sie uns unglaublich viel zu sagen.

In den letzten Wochen habe ich mich (anlässlich des Starts einer neuen Predigtreihe) verstärkt mit der Weisheitsliteratur beschäftigt – Buchempfehlungen siehe unten. Dazu gehören vor allem die Bücher Hiob, Sprüche und Prediger, gelegentlich wird auch das Hohelied dazugezählt. Im Folgenden fasse ich meine wesentlichen Einsichten zusammen.

Was die Weisheitsliteratur ausmacht

  • Die Weisheitsliteratur unterscheidet sich von den übrigen Büchern des Alten Testaments vor allem dadurch, dass Gottes heilsgeschichtliches Handeln und sein Volk Israel kaum im Blick sind.
  • Die Weisheitsliteratur schaut nicht auf das große Ganze, sondern auf den einzelnen Menschen und oft auf alltägliche Dinge.
  • Es geht stärker um Beobachtung in der von Gott geschaffenen Welt als um direkte göttliche Offenbarung. Weil die Welt geordnet ist, ist sie erforschbar, auch wenn manche Zusammenhänge verborgen bleiben.
  • Besonders die Sprüche haben nicht den Anspruch die Realität allumfassend zu beschreiben, sondern haben einen kleinen Teil der Realität im Blick. In diesem Sinne sind sie als autoritativ (2Tim 3,16) zu verstehen.
  • Die Weisheitsliteratur ist in vielen Fällen in poetischer Sprache verfasst.
  • Die biblische Weisheitsliteratur ist von ihrem Wesen her praktisch. Wenn im AT von Weisen die Rede ist, dann z. B. von den Handwerkern, die die Kleidung für die Priester anfertigten (2Mo 28,3) oder die Stiftshütte bauten (2Mo 31,3.6). Weisheit bezieht sich auf die Fähigkeit, recht zu urteilen (1Kön 3,28; Jes 11,1-6), aber auch auf Seemänner, die trotz den Gefahren des Meeres ihr Ziel erreichten (Hes 27,8).
  • An vielen Stellen ähnelt die biblische Weisheitsliteratur in Inhalt und Form der Weisheitsliteratur des Alten Orients.
  • Die biblische Weisheitsliteratur hat ihr theologisches Fundament (im Gegensatz dazu) vor allem in der Darstellung von Gott als Schöpfer und souveränen Herrscher.
  • Was die biblische Weisheitsliteratur darüber hinaus von der des Alten Orients unterscheidet, ist die Betonung der Wichtigkeit der Furcht des HERRN (Hi 1,1; 28,28; Spr 1,7; 8,13; 9,10; 15,33; 31,30; Predigt 3,14; 12,13 – die Bedeutung im Buch Prediger ist allerdings umstritten). Zur Bedeutung der Furcht Gottes siehe hier.

Buchempfehlungen

Profitiert habe ich hier vor allem von „Finding Favor in the Sight of God“ von Richard P. Belcher Jr und „Interpreting the Wisdom Books“ von Edward Curtis. Beide Bücher sind hervorragende Einführungen in die (Arbeit mit der) Weisheitsliteratur.

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