Viele Gemeinden und Kirchengemeinschaften sind seltsam sprachlos geworden, wenn es um Sex geht. So zumindest die Analyse von Joel White. Mit diesem Buch will er das ändern.
Der Hintergrund des Autors
Joel White ist US-Amerikaner, wohnt aber schon seit 35 Jahren im deutschsprachigen Europa (zuerst Österreich, dann Deutschland). Seit 20 Jahren lehrt er im Fachbereich Neues Testament an der Freien Theologischen Hochschule in Gießen. Dementsprechend schreibt er primär als Theologe, auch wenn der seelsorgerische Aspekt teilweise zum Tragen kommt.
Teil 1: Der biblische Anspruch
Im ersten Teil des Buches geht es dem Autor darum, das biblische Narrativ zur Sexualität zu beschreiben. Sexualität ist eine gute Gabe Gottes, die besonders im Hohelied gefeiert wird, aber auch von Paulus grundsätzlich bejaht wird. Aus zwei Gründen ist es allerdings besonders wichtig, nach ihrer Rolle zu fragen: Erstens hatte die Kirche über Jahrhunderte hinweg ein gestörtes Verhältnis zur Sexualität. Die Ursache liegt für White in der Entwicklung der Kirche in der Spätantike und im Mittelalter. Zweitens ist unsere heutige Kultur geprägt durch die sexuelle Revolution, die Sex zur Ware und Menschen zu Lustobjekten macht.
Die drei tragenden Säulen für eine biblische Sexualethik sind für White (1) die Schöpfungsordnung, (2) das Liebesgebot und (3) die Ewigkeitsperspektive. Eine biblische Sexualethik soll nicht als einschränkend, sondern als schützend empfunden werden. Schlussendlich weist White darauf hin, wie einzelne Christen mit ihrer Sexualität umgehen sollen und wie die Gemeinde hier eine Hilfe sein kann.
Teil 2: Die moderne Herausforderung
Im zweiten Teil geht es dann um drei moderne Herausforderungen.
Singlesein: 30 % der Bundesbürger zwischen 18 und 65 leben als Singles, deshalb müssen Gemeinden Antworten für diese Gruppe haben. Gemeinden dürfen nicht nur Familien im Fokus haben, Singles müssen integriert werden. White widmet sich hier auch dem Thema der Selbstbefriedigung.
Scheidung und Wiederheirat: auch in christlichen Kreisen kommt das nicht selten vor. In der Gemeindearbeit sollte alles dafür getan werden, Ehen zu retten. Grundsätzlich sieht White allerdings (mit der großen Mehrheit evangelischer und evangelikaler Theologen), dass es legitime Gründe für Ehescheidung und Wiederheirat gibt (Mt 19,3-9 und 1Kor 7,10-16). In jedem Fall solle man Geschiedene nicht stigmatisieren, sondern sie unterstützen, wo es nur geht.
Homosexualität: White analysiert die wichtigsten aussagen im AT (3Mo 18,22 und 3Mo 20,13) und NT (1,26f; 1Kor 6,9f und 1Tim 1,9f) und zeigt, dass ausgelebte Homosexualität in den Texten grundsätzlich abgelehnt wird, weil es der Natur widerspricht, wie Gott den Menschen geschaffen hat. Homosexuell empfindende Christen müssten lernen, mit ihren nicht gestillten Wünschen umzugehen (wie das alle Christen in unterschiedlichen Bereichen lernen müssen). Umpolungsversuche lehnt er ab. Keinesfalls dürften homosexuell empfindende Menschen für ihre Gefühle verurteilt werden.
Mein Fazit
Der Schwerpunkt des Buches liegt (wie schon oben beschrieben) ganz klar auf der biblisch-theologischen Seite. White legt die relevanten Bibeltexte knapp, aber sorgfältig aus und geht auch auf einige Einwände ein. Auch die kulturellen Herausforderungen werden sehr gut beschrieben. Was die Umsetzung im persönlichen Leben und in der Gemeinde angeht, wird man zu anderen Büchern greifen müssen. Hier gibt es allerdings hilfreiche Literaturempfehlungen.
Sicher kann man an einigen Stellen unterschiedlicher Meinung sein. Besonders beim Umgang mit Scheidung und Wiederheirat scheiden sich die Geister. Das Buch ist allerdings extrem hilfreich und kann eine große Hilfe dabei sein, Christen und Gemeinden wieder sprachfähig zu machen, wenn es um Sexualität geht.
Ich danke dem SCM Verlag für die Zusendung eines kostenlosen Rezensionsexemplars. Meine Bewertung hat das nicht beeinflusst. Das Buch kann man auch direkt über den Verlag bestellen.
[…] Woche habe ich hier das neue Buch von Joel White vorgestellt: Was sich Gott dabei gedacht hat – die biblische Basis einer christlichen Sexualität. Neben […]