„Echt jetzt – ein Buch über die Zehn Gebote? Geht es noch langweiliger?“ So beginnt das neu erschienene Buch von Benjamin Lange. Tatsächlich ist es ein altes Thema – allerdings mit vielen unerwarteten und spannenden Einblicken.
Zum Autor
Benjamin Lange ist promovierter Mathematiker und Theologe. Er hat zwei Leidenschaften, die er heute miteinander vereint: Die Bibel gründlich erforschen und auch andere für sie begeistern. So beschreibt er sich auf seiner Website https://diebibelverstehen.de/.
Sein Buch zu den Zehn Geboten ist nicht sein erstes Buch. Aber es ist sein Erstes, das er für ein breites Publikum geschrieben hat.
Zum Inhalt
Der erste Teil des Buches liefert eine historische, literarische und theologische Einordnung der Zehn Gebote. Es geht um die unterschiedlichen Zählweisen (reformatorisch, katholisch und jüdisch) und verschiedene Gliederungsmodelle. Es geht aber auch um grundsätzliche Dinge wie das Verhältnis zwischen Gesetz und Gnade. Die Zehn Gebote müssen für Benjamin Lange so verstanden werden, dass sie Gottes Willen für sein erwähltes Volk beschreiben. Sie wollen nicht in den Bund mit Gott hineinführen. Sie wollen auch nicht primär die Unfähigkeit aufzeigen, ein Leben in Einklang mit Gott zu führen. Die Zehn Gebote sind vielmehr eine Offenbarung des Willens Gottes für sein erlöstes Volk.
Die Zehn Gebote sind durchwoben und gegründet auf eine enge Beziehung zwischen Gott und seinen Erlösten.
Benjamin Lange
Der Hauptteil des Buches besteht aus jeweils einem Kapitel zu jedem der Zehn Gebote. Die einzelnen Gebote in 2Mo 20 fallen recht unterschiedlich lang aus. Dementsprechend auch die Kapitel des Buches (von 4 bis 19 Seiten). Das tut dem Buch aber keinen Abbruch.
Die Auslegung ist durchgängig tiefgründig, spannend und lebensnah. Das ist eine ganz große Stärke des Buches. Es ist dem Autor hervorragend gelungen, allgemeinverständlich zu formulieren und dabei doch gründlich zu graben. Weiterführende Anmerkungen sind als Endnoten am Ende der Kapitel zu finden. Persönlich mag ich es lieber, wenn Fußnoten verwendet werden, da man dann aufs Blättern verzichten kann. So wirkt das ganze aber zugänglicher und weniger akademisch – von daher wohl eine gute Wahl für die meisten Leser. Teilweise finden sich ausführlichere Erklärungen in den Endnoten, teilweise aber auch weiterführende Literatur. Diese sind dann meistens exegetische oder theologische Werke (deutsch- und englischsprachig).
Vielen Argumenten konnte ich folgen, aber nicht allen. Ein Beispiel: In Bezug auf die angedrohte Heimsuchung Gottes als Folge des Bilderdienstes (2Mo 20,5) schreibt Lange, dass das hebräische Wort für „Heimsuchung“ in der Thora vor 2Mo 20 ausschließlich eine positive Bedeutung habe („sich kümmern um“). „Wer also die Thora von vorne im Zusammenhang liest, erwartet zunächst intuitiv, dass in 2. Mose 20,5 mit ‚sich kümmern um’ wie in allen vorherigen Vorkommen ebenfalls eine rettende Handlung gemeint ist und Gott sich in rettender, vergebender Weise um die Schuld kümmert.“ Wortbedeutungen werden primär durch den Kontext bestimmt und der gibt das hier aus meiner Sicht kaum her. Auch der Satzbau nicht, der im folgenden kurz beleuchtet wird. Trotzdem enthält das Buch unglaublich viele hilfreiche Anregungen, die auch gut begründet sind.
Mein Fazit
Ein spannendes Buch über die Zehn Gebote und kein bisschen trocken. Sowohl für Einsteiger als auch für solche, die schon Jahrzehnte mit diesen Worten vertraut sind. Wenn ich es richtig verstehe, ist dieses Buch der erste Titel einer neuen Reihe „Die Bibel verstehen“. Auch die Website befindet sich scheinbar noch im Aufbau. Man darf gespannt sein, was noch folgt!