Wer die Bibel richtig verstehen möchte, muss die Ursprachen lernen! Wirklich? Während meines Theologie-Studiums habe ich drei Semester lang Griechisch gelernt. Das reicht, um die Grundlagen einigermaßen zu beherrschen. Ich versuche auch heute noch, am Ball zu bleiben (siehe z. B.: Zwei Ressourcen, um dein Bibelgriechisch zu pflegen). Wesentlich wichtiger ist aus meiner Sicht aber die englische Sprache. Wer mich fragt, ob es als Prediger sinnvoller sei, sein Englisch zu verbessern oder Griechisch zu lernen, dem würde ich sicher zum Erstgenannten raten. Im folgenden drei Gründe dafür.
1. Die Hürde bei Englisch ist wesentlich niedriger
Viele Deutsche tun sich schwer mit Konversationen in englischer Sprache. Die Grundlagen sind in der Regel aber vorhanden – nur eben etwas eingerostet. Auf ein ordentliches Niveau zu kommen, ist mühsam. Wesentlich schwieriger ist es allerdings, ein gutes Griechisch-Niveau zu erreichen. Und ein bisschen Griechisch ist oft gefährlicher als gar kein Griechisch. Manch einer bildet sich schnell ein, die Sprache zu beherrschen und leitet ausgefallene Auslegungen aus dem Bibeltext ab. Hier ist Vorsicht geboten (Buchempfehlung: Stolpersteine der Schriftauslegung von D. A. Carson).
2. Englisch ermöglicht den Zugang zu wesentlichen Ressourcen
Wer Griechisch beherrscht, bekommt Zugang zu guten exegetischen Bibelkommentaren. Und es gibt durchaus gute im deutschsprachigen evangelikalen Bereich (allen voran die Reihe Historisch-Theologische Auslegung). Etliche sind allerdings nur in englischer Sprache verfügbar. Ich denke z. B. an meine wertvollsten Kommentarreihen, die ZECNT-Reihe und die BECNT-Reihe. Auch wer viele Jahre lang Griechisch gelernt hat, sollte seine Auslegung des Bibeltextes mit guten Kommentaren abgleichen. Und was nützt es einem dann, wenn einem die zum großen Teil wieder nicht zugänglich sind?
3. Es gibt Gute Software für die Arbeit mit den Ursprachen
Bibelsoftware wie Logos ermöglicht den Zugang zur griechischen Sprache auch für Laien. So bietet Logos die Lutherübersetzung und die Schlachter 2000 mit Lemmatisierung an (die Einheitsübersetzung und die Elberfelder sollen folgen). Das heißt, dass jedes Wort in der Übersetzung mit dem Wort in der Ursprache verknüpft ist. So kann man auch ohne Kenntnis der Ursprachen Rückschlüsse auf die Grammatik ziehen, einfache Wortstudien durchführen oder Wörterbücher benutzen.
Mein Fazit
Ich möchte ganz sicher niemanden von der Beschäftigung mit den Ursprachen abhalten. Im Zweifelsfall würde ich aber jedem dazu raten, sich erst der englischen Sprache zu widmen. Es gibt Kurse und Apps zum Lernen von Sprachen. Wenn man über die nötigen Grundkenntnisse verfügt, lernt man meiner Erkenntnis nach aber am besten in der Praxis. Wer Buchvorschläge sucht, wird auf meinem Blog fündig werden. Wer theologisch interessiert ist und sich gerne Audio-Inhalte anhört, dem empfehle ich biblicaltraining.org. Hier kann man ganze Seminare kostenlos anhören, die von erstklassigen Dozenten gehalten werden. Reinhören lohnt sich!