In letzter Zeit habe ich schon ein paar Mal kritische Beiträge zur Nutzung digitaler Medien gebracht. Die aktuelle Häufung kommt nicht daher, dass ich digitale Medien ablehne. Sie kommt eher daher, dass ich selbst darum ringe, einen gesunden Umgang damit zu finden. Ich bin davon überzeugt, dass das möglich ist. Es könnte also sein, dass demnächst mal ein positiver Beitrag dazu erscheint.
Aktuell lese ich Maryanne Wolfs neues Buch Schnelles Lesen, langsames Lesen – Warum wir das Bücherlesen nicht verlernen dürfen (Buchbesprechung folgt). Maryanne Wolf ist Professorin für kindliche Entwicklung, Kognition- und Literaturwissenschaftlerin. Auch sie lehnt digitale Medien nicht grundsätzlich ab. Sie schreibt aber, welche Auswirkungen es auf unsere Gehirnstrukturen und unser Verhalten hat, wenn wir es verlernen langsam und reflektiert zu lesen – Dinge, die die digitalen Medien nicht unbedingt fördern.
Dass die mediale Prägung schon ganz früh beginnt, ist schwer zu übersehen. Wolf schreibt:
Bereits 1998 prägte Linda Stone, damals Mitglied der Arbeitsgruppe Virtuelle Realität bei Microsoft, den Ausdruck „permanent geteilte Aufmerksamkeit“, um zu beschreiben, wie Kinder sich ihren digitalen Geräten und nachfolgend ihrer Umwelt gegenüber verhalten. Seither sind Zahl und Verfügbarkeit dieser Geräte selbst für die ganz kleinen sprunghaft in die Höhe geschnellt. Schauen Sie sich bei Ihrer nächsten Flug- oder Bahnreise nur einmal kurz um, schon haben Sie genügend Belege für diese Beobachtung. Das Tablet ist der neue Schnuller.
Maryanne Wolf: Schnelles Lesen, langsames Lesen (S.96)
Wer schon einmal versucht hat, sich an zwei Gesprächen gleichzeitig zu beteiligen, hat gemerkt, dass geteilte Aufmerksamkeit unmöglich ist. Bei keinem der Gespräch ist man wirklich anwesend. Denken wir gut darüber nach, wie wir uns und ggf. auch unsere Kinder hier prägen lassen.