Bernhard Ott: Tänzer und Stolperer – Wenn die Bergpredigt unseren Charakter formt
Die Bergpredigt soll den Charakter des Nachfolgers prägen. Das zeigt Bernhard Ott auf unterhaltsame Art und Weise, gespickt mit vielen schönen Zitaten. Die Grundaussage der Bergpredigt hat Ott meiner Ansicht nach gut getroffen und es gelingt ihm auch, sie vom alttestamentlichen Hintergrund her darzustellen. Bernhard Ott ist allerdings mehr ein Geschichtenerzähler als ein Exeget – mit allen damit verbundenen Vor- und Nachteilen. Nicht jede Auslegung überzeugt und theologisch gehört er eher zum missionalen Flügel der evangelikalen Welt, das sollte man einfach wissen. Trotzdem ein anregendes Buch (siehe auch meine Buchvorstellung). Wer etwas theologisch und exegetisch gründlicheres zur Bergpredigt sucht, dem empfehle ich The Sermon on the Mount and Human Flourishing von Jonathan Pennington.
Scott Young: Ultralearning – Master Hard Skills, Outsmart the Competition, and Accelerate Your Career
Scott Young wurde dafür bekannt, dass er das gesamte vierjährige Curriculum des Informatik-Studiengangs am MIT in einem einjährigen Selbststudium absolvierte, ohne jemals eine vor Ort gewesen zu sein. Später reiste er mit einem Freund in einem Jahr durch vier verschiedene Länder, um die jeweiligen Landessprachen zu lernen (darunter Chinesisch und Koreanisch). In allen vier Sprachen konnte er sich anschließend gut unterhalten. Wenn jemand etwas dazu zu sagen hat, was der beste Weg zu Lernen ist, dann Scott Young. Seine These in diesem Buch: es gibt unterschiedlich begabte Menschen, aber jeder kann seine Art zu lernen ganz wesentlich verbessern. Ein inspirierendes Buch mit hilfreiche Prinzipien und vielen nützlichen Tipps, auch wenn man manches für sich herunterbrechen muss.
Thomas Jettel: Kann ein Christ zu einem Nichtchristen werden?
Die Frage nach der Verlierbarkeit des Heils ist in evangelikalen Kreisen höchst umstritten. In deutscher Sprache gibt es ein deutliches Übergewicht an Büchern, die sich für die Unverlierbarkeit aussprechen (z. B. Schreiner oder MacDonald). Jettels Buch ist allein schon deshalb beachtenswert, weil es meiner Ansicht nach auf dem evangelikalen Buchmarkt kein vergleichbares Buch gibt. Jettel lehnt zwar die Formulierung „Verlierbarkeit des Heils“ ab, vertritt aber die Position, dass ein Christ zu einem Nichtchristen werden kann. Er verzichtet auf Polemik und geht sehr sachlich an das Thema heran. Trotzdem finde ich es theologisch nicht ganz gelungen (unabhängig davon, welchen Standpunkt man vertritt). Die Umsetzung ist recht stichwortartig, das Format ist nicht sonderlich gut und seine Position ist teilweise recht extrem. So schreibt er z. B.: „Es scheint […] so zu sein, dass der Mensch durch den Sündenfall die Gottesbildlichkeit nicht völlig verloren hat, sodass Gott auch nach dem Sündenfall immer noch an den Willen des Menschen appellieren kann.“ (S.48) Da Frage ich mich, welche Rolle der Heilige Geist bei der Bekehrung noch spielt. Jettel würde diese sicher nicht leugnen, aber teilweise kommt es so rüber. Für einen guten Beitrag aus der Perspektive der Heilsverlierbarkeit würde ich eher zu Osborne raten (s. u.) – auch wenn das dann leider wieder englisch ist.
Herbert W. Bateman IV (Hg.): Four Views on the Warning Passages in Hebrews
Vier Theologen stellen ihre Sichtweise über die sogenannten Warnungs-Passagen im Hebräerbrief dar. Zwei davon aus der Perspektive der Verlierbarkeit des Heils, zwei aus der Perspektive der Unverlierbarkeit. Besonders die Beiträge von Osborne (arminianisch) und Fanning (reformiert) finde ich sehr gut. Auch wenn sie gegensätzlich sind, stellen beide ihre Sichtweise sehr klar und gründlich dar, ohne in extreme zu verfallen. So schreibt Osborne z. B. (im Gegensatz zu Jettel, s. o.): „Both sides largely agree on the meaning of total depravity–that when a Person is given a choice to accept Christ, that Person will reject him. It is on the solution to the dilemma posed (can everyone be saved?) that the differences emerge. […] For the Arminian, God still acts sovereignly but sends his Spirit who convicts every person (thus an equal opportunity convicter!) and overcomes their total depravity so that they make a choice.“ (S.86). Die dritte Position von Cockeryll ist nahezu identisch mit der von Osborne – das Buch hätte noch besser werden können, wenn man stattdessen eine weitere Position hinzugenommen hätte, z. B. Schreiner oder Grudem. Gleason schließelich vertritt die Position, dass es in den Warnungs-Passagen nicht um den möglichen Verlust des Heils geht, sondern lediglich um den Verlust des Lohns. Die Argumentationen sind allesamt sehr gründlich und der Ton gegenüber den anderen Autoren weitestgehend wertschätzend. Ein gutes Buch für jeden, der einen Überblick über die Debatte sucht.
Jen Pollock Michel: Teach Us to Want – Longing, Ambition & the Life of Faith
Häufig vertreten Christen die Überzeugung, Verlangen sei grundsätzlich etwas schlechtes und dass man ihm keinen Raum geben dürfe. Es gibt ganz sicher Bibelstellen, die in diese Richtung zu deuten sind. Pollock Michel zeigt aber auch auf, dass Gott das menschliche Verlangen dahingehend verändern möchte, dass sie nach dem Richtigen verlangen. Denn wenn wir das tun, werden wir unser höchstes Glück in Gott finden und in dem, was er uns gibt. Wir müssen es lernen, nach dem Richtigen zu verlangen. Pollock Michel schreibt sehr persönlich und lebensnah. Ein gutes Buch zu einem unglaublich wichtigen Thema.