Neulich bin ich auf X (ehemals Twitter) auf einen Beitrag von Alex Lieberman gestoßen, der mich sofort angesprochen hat. Er beschreibt ein einfaches, aber sehr treffendes Modell von fünf Stufen, wie Menschen mit Problemen umgehen. Ursprünglich stammt es von Steph Smith, und es soll Mitarbeiter dazu anleiten, Verantwortung zu übernehmen – also nicht nur auf Missstände hinzuweisen, sondern aktiv Lösungen mitzugestalten.
Je höher das Level, desto selbständiger und hilfreicher ist der Umgang mit einem Problem.
Die fünf Level
1. „Es gibt ein Problem.“
2. „Es gibt ein Problem, und ich habe einige Ursachen gefunden.“
3. „Hier ist das Problem. Ich habe einige mögliche Ursachen und einige mögliche Lösungen identifiziert.“
4. „Hier ist das Problem. Ich glaube, das ist die Ursache. Es gibt mehrere Lösungsmöglichkeiten – und ich schlage diese vor.“
5. „Ich habe ein Problem entdeckt, die Ursache gefunden, eine Lösung recherchiert und es behoben. Ich wollte dich nur kurz informieren.“
Lieberman schreibt dazu, was er jedem neuen Mitarbeiter sagt:
„Du wirst ab dem ersten Tag auf Level 4 leben – und wenn wir Vertrauen aufbauen, wirst du Level 5 erreichen.“
Dieses Prinzip ist nicht nur für Unternehmen hilfreich, sondern auch für Gemeinden und Mitarbeiterteams.

Zu viele Level-1-Gemeindeglieder
Wer Verantwortung in einer Gemeinde trägt, kennt das: Menschen entdecken Probleme – und sagen sie weiter.
- „Da läuft etwas schief.“
- „Das müsste man mal ändern.“
- „Jemand sollte sich darum kümmern.“
An sich ist das nichts Schlechtes. Es zeigt Interesse und ein gewisses Verantwortungsgefühl. Doch oft bleibt es bei Level 1:
„Ich habe ein Problem entdeckt – bitte löst es.“
Das ist verständlich, aber auf Dauer ungesund. Gemeinde ist kein Dienstleistungsbetrieb, in dem einige wenige „machen“ und der Rest zuschaut. Sie ist ein Leib, in dem jedes Glied mitverantwortlich ist (1Kor 12).
Warum das in Gemeinden besonders herausfordernd ist
In Unternehmen kann man eine „Level-4-Haltung“ einfordern – in der Gemeinde nicht. Mitarbeit ist freiwillig, Engagement kann man nicht befehlen.
Deshalb ist der Schlüssel nicht Druck, sondern geistliche Motivation.
Drei Dinge können helfen, dass sich etwas verändert:
- Gnade, die verändert: Wir leben aus der Gnade, nicht aus Leistung – aber echte Gnade macht aktiv. Sie verändert unsere Haltung von „jemand sollte etwas tun“ zu „ich kann etwas beitragen“.
- Verantwortung teilen: Eine gemeinsame Vision hilft, Verantwortung nicht bei den Leitern zu belassen, sondern sie in der ganzen Gemeinde zu verankern. Jeder kann Teil der Lösung werden.
- Kultur der Jüngerschaft: In Jüngerschaft geht es nicht nur um persönliches Wachstum, sondern auch um Multiplikation – dass Menschen lernen, Verantwortung weiterzugeben und andere mitzunehmen.
Eine Level-4-Kultur in der Gemeinde
Stell dir eine Gemeinde vor, in der mehr Menschen auf Level 4 leben und der Gemeindeleitung mit folgendem Satz begegnen:
„Ich habe ein Problem entdeckt, über die Ursachen nachgedacht, ein paar Lösungsideen gesammelt – und ich denke, dieser Weg wäre sinnvoll.“
Solche Mitarbeiter sind ein Geschenk. Sie entlasten nicht nur die Leitung, sondern gestalten Gemeinde aktiv mit. Sie denken mit, beten mit, handeln mit – und werden so zum Segen für viele.
Eine solche Level-4-Kultur entsteht nicht über Nacht, aber sie wächst dort, wo Menschen lernen, dass Nachfolge Jesu immer auch Verantwortung bedeutet. Und wo ein enges Vertrauensverhältnis besteht, darf daraus gern eine Level-5-Kultur werden – eine Kultur, in der Mitarbeiter nicht nur mitdenken, sondern eigenverantwortlich handeln, weil sie wissen, dass Vertrauen da ist.
Fazit
Dieses 5-Level-Modell erinnert mich daran: Reife zeigt sich nicht darin, wie gut wir Probleme erkennen, sondern wie bereit wir sind, Verantwortung zu übernehmen. Wenn Gnade, geteilte Verantwortung und Jüngerschaft zusammenwirken, kann aus einer „Level-1-Gemeinde“ eine „Level-4-Gemeinde“ werden – oder, wo Vertrauen gewachsen ist, sogar eine „Level-5-Gemeinde“. Eine Gemeinschaft, die nicht sagt: „Jemand sollte das tun“, sondern fragt:
„Was kann ich beitragen, damit es besser wird?“
