Anfang November 2018 verstarb Helmuth Egelkraut. Er war einer meiner Dozenten, den ich während meines Studiums sehr zu schätzen lernte. Bei ihm belegte ich Systematische Theologie und Biblische Theologie der Mission. Er gehörte zur „alten Schule“ – einer der wenigen Dozenten, die wir als Studenten noch mit „Sie“ ansprachen. Im Unterricht sprach er aber immer sehr persönlich und offen. Theologie war für ihn keine bloße Theorie. Er lebte seinen Glauben. In Erinnerung hier vier Dinge, die mich beeindruckten.
- Er hatte klare Prioritäten im Leben: Helmuth Egelkraut promovierte Anfang der 70er Jahre in Princeton unter Roger Nicole. Der hatte ihm nahegelegt, in systematischer Theologie zu promovieren. Egelkraut sah aber, dass seine Latein-Kenntnisse dafür nicht ausreichten. Es reizte ihn (in späteren Jahren durfte er tatsächlich noch systematische Theologie unterrichten und tat das mit großer Leidenschaft), aber er hätte wesentlich mehr Zeit investieren müssen. Da er die Not der evangelikalen Theologie in Deutschland sah, entschied er sich, stattdessen im Bereich Neues Testament zu promovieren.
- Er war demütig: In einer seiner Vorlesungen äußerte er eine These zu einer Passage in der Apostelgeschichte. Da ich die Sache interessant fand, schaute ich parallel über Logos in den Lukas-Kommentar von was Eckhard Schnabel, der die These als widerlegt bezeichnete. Als ich Helmuth Egelkraut in der Pause darauf ansprach, antwortete er mir: „Vertrauen Sie Schnabel, er hat wesentlich mehr recherchiert als ich“. Egelkraut verstand sich immer als Generalist, was er tatsächlich auch war. Er war in vielen Gebieten unglaublich kompetent, war aber auch demütig genug, eigene Grenzen anzuerkennen.
- Er vertrat seine Überzeugungen: Egelkraut hatte kein Problem damit, wenn ein Student eine abweichende Meinung vertrat, solange er sie gut begründete. Mit seinen eigenen Überzeugungen hielt er aber auch nicht zurück. Seine Bedenken in Bezug auf die missionale Theologie z. B. sprach er offen an und stellte sich deutlich zur Priorität der Verkündigung. Er verstand es, dass eine gesunde Theologie die absolute Grundlage für gesunde Gemeinde ist, und man merkte, dass ihn viele Themen auch emotional bewegten.
- Er lebte mit dem Blick aufs Ende: Ende 2017 nahm ich als Gasthörer an der Abschiedsvorlesung (im Alter von 79 Jahren!) von Helmuth Egelkraut über die Offenbarung teil. Mein Studium lag da schon ein paar Jahre hinter mit, aber die Gelegenheit wollte ich nicht verpassen. Am Ende des letzten Tages sprach er darüber, was er im Ruhestand tun wolle und da sagte er zuerst durchaus ernst, dass er in seinem Alter sein Haus bestellen müsse. Dass es so schnell gehen würde, hätte wohl keiner von uns gedacht. Als Herzpatient sprach er auch in den Jahren vorher darüber, wie schnell alles vorbei sein kann. Er war vorbereitet.
Ich werde Helmuth Egelkraut immer in besonderer Erinnerung behalten. Sein Vorbild ermutigt mich, meinen eigenen Weg mit Jesus weiterzugehen – und ich freue mich auf das Wiedersehen. Ich schließe mit einem kurzen Zitat aus einem seiner Skripte zur systematischen Theologie:
Entscheidend ist, ob wir nun leben oder sterben, wir sind des Herrn (Rö 14,8+9), denn Christus ist der Herr der Lebenden und der Toten, und von seiner Liebe kann auch der Tod nicht scheiden (Rö 8,31). So Gilt: „Selig sind die in dem Herrn sterben, von nun an“ (Offb 14,13).
Helmuth Egelkraut