AI Goes to Church – Was KI für Mission, Gemeinde und Jüngerschaft bedeutet

„AI Goes to Church“ zeigt, wie Gemeinden KI nüchtern und evangeliumszentriert nutzen können, ohne ihre geistliche Verantwortung zu verlieren.

Vor etwa drei Monaten habe ich hier das Buch AI Shepherds and Electric Sheep rezensiert. Da mich das Thema weiter beschäftigt, folgt nun ein zweites Buch mit ähnlicher Ausrichtung: AI Goes to Church (Affiliate-Link). Beide Titel wollen Christen helfen, Künstliche Intelligenz theologisch zu reflektieren, ohne sich in technische Details zu verlieren. Während AI Shepherds stärker aus der Perspektive von Theologie und Gemeindeleitung schreibt, bietet Todd Korpi als Missiologe einen breiteren Blick. Er beschreibt die Veränderungen durch KI im Hinblick auf Mission, Gesellschaft und geistliche Verantwortung.

Korpi betont gleich zu Beginn: Er ist kein Entwickler, sondern Missiologe. Sein Buch richtet sich nicht an Menschen, die „Tricks“ für ChatGPT erwarten, sondern an alle, die verstehen wollen, wie Christen KI im Licht des Evangeliums einordnen und nutzen können.

Menschsein im Licht von KI

Zentral ist Korpis Rückgriff auf 1Mo 1–2. Die Schöpfungserzählung zeigt für ihn nicht primär, wie Gott schuf, sondern wozu: Der Mensch ist Ebenbild Gottes – unabhängig von Fähigkeiten, Intelligenz oder Leistung. Diese Würde ist unverlierbar und unvergleichlich.

Damit schafft Korpi eine klare Grundlage: Auch wenn KI menschenähnlich erscheinen kann, bleibt sie Teil der geschaffenen Welt, aber niemals Träger des imago Dei. Sie kann nützen oder schaden, aber sie ersetzt nicht das Wesen menschlicher Beziehung und Verantwortung. Besonders eindrücklich fand ich seine Beobachtung, dass unser Umgang mit KI auf uns zurückwirkt: Wer online fordernd, ungeduldig oder entmenschlichend kommuniziert, prägt damit den eigenen Charakter. Freundlichkeit im digitalen Raum ist kein Zugeständnis an die Maschine, sondern Ausdruck dessen, wer wir sind.

Ethische Orientierung und gesellschaftliche Verantwortung

Korpi entwickelt ein Raster, mit dem Christen ihre KI-Nutzung prüfen können: Dient sie der Würde des Menschen? Fördert sie Gerechtigkeit? Achtet sie Privatsphäre und Datenhoheit? Hinter all dem steht die Frage nach Macht: Wer kontrolliert Algorithmen? Wem gehören die Daten? Und wie kann die Gemeinde hier prophetisch, kritisch und zugleich konstruktiv auftreten?

Sein Ton bleibt ausgewogen. Technologie gehört zur guten, aber gefallenen Schöpfung. Sie verspricht Vereinfachung, führt aber oft zu Überlastung. Korpi hilft, realistisch einzuschätzen, was KI leisten kann – und was nur durch geistliche Reife, Gemeinschaft und Nachfolge wachsen kann.

Mission und digitale Räume

Stark ist Korpis Hinweis, dass digitale Räume längst Orte echter Sinnsuche sind – häufig unterschätzt von Christen. KI kann hier unterstützen, etwa durch Übersetzung, Barrierefreiheit oder die Bereitstellung relevanter Inhalte, die Menschen überhaupt erst in Kontakt mit christlichen Angeboten bringen (z. B. durch personalisierte Werbung).

Zugleich betont Korpi, dass KI menschliche Präsenz nicht ersetzen darf. Sie ist ein Werkzeug, das uns Zeit für das Wesentliche zurückgeben kann: Begegnung, Gebet, Gemeinschaft und geistliche Begleitung.

Arbeit, Zeit und der geistliche Mehrwert von KI

Korpis Analyse unserer Arbeitskultur gehört zu den überzeugendsten Teilen des Buches. Technologie hat Produktivität massiv gesteigert – aber selten zu mehr Ruhe geführt. Die Versuchung ist groß, jede freie Minute erneut zu füllen.

Korpi stellt die Frage: Was wäre, wenn Christen die durch KI gewonnene Zeit bewusst für Familie, Freundschaften, Gemeinde und geistliche Praktiken nutzen würden? Was wäre, wenn wir KI nicht nutzten, um mehr zu leisten, sondern um präsenter zu sein?

Praktischer Nutzen für Gemeinden

Korpi zeigt konkret, wie KI heute schon hilfreich sein kann: beim Strukturieren von Predigten, beim Erstellen ergänzender Materialien oder indem sie Informationen zugänglich macht, die Menschen Orientierung und erste Schritte im Glauben erleichtern. Entscheidend ist für ihn, dass KI das Menschliche stärkt, nicht ersetzt.

Impulse zum Nachdenken

An manchen Stellen bleibe ich etwas vorsichtiger als Korpi – nicht weil er unreflektiert wäre, im Gegenteil: Er betont selbst immer wieder, dass technische Entlastung nicht automatisch zu geistlicher Reife führt. Dennoch würde ich bei einigen seiner praktischen Vorschläge zur Integration von KI in Jüngerschaft und Gemeindepraxis einen zurückhaltenderen Ansatz bevorzugen. Manche Anwendungen, die theoretisch hilfreich sein können, berühren aus meiner Sicht Bereiche, in denen persönliche Begleitung, Beziehung und geistliche Unterscheidung eine besondere Rolle spielen. Gerade deshalb sind die Leitfragen, die Korpi formuliert, hilfreich: Sie lenken den Blick weg von reiner Effizienz und hin zu geistlicher Weisheit. Zu diesen Fragen gehören etwa:

  • Wie hilft mir eine KI-Anwendung, Menschen als Ebenbilder Gottes zu sehen – oder hindert sie mich daran?
  • Fördert diese Technologie Gerechtigkeit, oder verstärkt sie bestehende Ungleichheiten?
  • Welche Verantwortung trage ich für die Daten, die eine KI verarbeitet?
  • Welche Veränderungen bringt die Nutzung dieser Technologie für mein Leben, meine Familie oder meinen Dienst mit sich – und sind diese Veränderungen geistlich hilfreich?
  • Wie wirkt sich die Nutzung eines KI-Tools auf meine geistliche und moralische Formung aus?
  • Und passt diese Technologie zu den Werten des kommenden Reiches Gottes – oder widerspricht sie ihnen?

Solche Fragen werden für Gemeinden in den kommenden Jahren immer wichtiger – besonders dort, wo Technik einfache Lösungen verspricht, aber geistliche Prozesse weiterhin persönliche Präsenz, Zeit und Beziehung brauchen.

Mein Fazit

Für mich ergänzen sich beide Bücher ideal. AI Shepherds liefert eine theologisch klare Orientierung für Leiter; AI Goes to Church erweitert den Blick auf Mission, Gesellschaft und den Umgang mit Zeit und Technologie.

AI Goes to Church (Affiliate-Link) ist ein reflektiertes, gut zugängliches Buch für Christen, die KI im Horizont von Mission und Menschsein verstehen wollen. Es ist weniger technisch, aber theologisch und gesellschaftlich breit aufgestellt – und lädt dazu ein, KI weder zu fürchten noch zu verherrlichen, sondern sie im Licht des Evangeliums zu nutzen. Wer AI Shepherds and Electric Sheep hilfreich fand, findet hier die passende Ergänzung.

Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Verkäufen über den Amazon-Link.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert